Anspruchsvolle Themen im «Philosophe»

Hans Hässig, Leiter des zwölfköpfigen «Philosophe»-Teams

Immer wieder werden im Treffpunkt an der Regensbergstrasse 26 in Dielsdorf nicht nur Kunstausstellungen, Theater oder musikalische Veranstaltungen organisiert, sondern auch herausfordernde Themen aufgegriffen. Leiter des zwölfköpfigen «Philosophe»-Teams ist Hans Hässig. Über die Aufgaben der Kunst und seinen Bezug zum Thema Flucht und Heimat erzählt Hans Hässig im exklusiven Interview mit Standort Zürcher Unterland.

 

Interview mit Hans Hässig, Leiter des zwölfköpfigen «Philosophe»-Teams

Herr Hässig, sind Sie selber künstlerisch oder musisch aktiv?

Ich habe eine Affinität zu Eisenplastiken, diese lebe ich aber nur zu einem kleinen Teil aus [1]. Sonst arbeite, entwickle und geniesse ich die Atmosphäre hinter der Bühne. 

Wie und wo geniessen Sie Kunst?

Als Betrachter erlebe ich ein Bild, eine Skulptur in mir fertig. Das heisst, ich verbinde es mit meiner eigenen Biographie, dem eigenen Empfinden. Wenn das Werk mich als Betrachter aufhält – ich also gleichzeitig bei mir bin und im Kontakt in einen inneren Dialog trete –, dann berührt das Werk mich als Betrachter und führt mich weiter, inspiriert mich und zeigt mir etwas Weiterführendes auf. 

Kunst geniesse ich in Ausstellungen, Museen in Form von spannender Architektur, Filmen, Theater und Musik und generell in Form von neu vorgestellten Blickwinkeln. Und ganz wichtig: die persönliche Beziehung zu Künstlern!

Welche Merkmale hat gute Kunst für Sie?

Grosse Kunstwerke machen in geordneter, gestalteter Form nicht nur das Wesen der persönlichen menschlichen Erfahrung sichtbar, sondern auch dasjenige der Welt, in der wir leben. Das ist es, was wir Schönheit nennen. Zu deren Beurteilung verweise ich auf die «objektivierbaren» Kriterien von Kunstkritiker Peter Killer. Gute Kunst wächst immer über den Künstler hinaus.

Sie haben das «Philosophe» mit gegründet. Was verbindet Kunst und Philosophie?

Kunst und Philosophie zeigen innere Zusammenhänge auf, zeigen andere Perspektiven und sollen zum Nachdenken und zur Diskussion anregen.

Flucht und Heimat: Wie kam es zu dieser Ausstellung?

An einer Veranstaltung von der Fachstelle Kultur vom Kanton Zürich in Bülach hat mich die Kunsthistorikerin Johanna Wirth Calvo angesprochen und mich gefragt, ob wir uns vorstellen könnten, das Thema «Flucht» mit einer Ausstellung zu thematisieren. Dass das Thema uns alle betrifft, war für das ganze Team sofort klar.

Was war Ihnen bei der Zusammenstellung des Rahmenprogramms wichtig?

Die Ausstellung soll zusammen mit dem Veranstaltungsprogramm ganz unterschiedliche Bevölkerungsgruppen ansprechen und einbeziehen. Ziel ist es, Nährboden für qualifizierte Gespräche und differenzierte Reflexionen zu den Themen «Migration und Integration» zu ermöglichen. Indem konkrete Situationen, Geschichten und Erfahrungen vorgestellt werden, werden die Themen sinnlich erfahrbar und erlauben die direkte Auseinandersetzung und Anteilnahme. Das entspricht den Grundideen des «Philosophe».

Haben Sie auch einen persönlichen Bezug zum Thema?

Ja, meine Mutter war Finnin und geprägt vom Zweiten Weltkrieg. Ich habe ihre Ängste quasi mit der Muttermilch aufgenommen. Sie begleiteten mich die längste Zeit des Lebens, und das, ohne jemals selbst Krieg erlebt zu haben. 

Herzlichen Dank für das offene Gespräch. Wir wünschen Ihnen viele interessierte Besuchende.

[1] Eisenplastik «Die Tür» (Hans R. Hässig, 2008) zu Franz Kafkas Parabel «Vor dem Gesetz». Eine kleine Literaturverfilmung mit der Skulptur ist auf youtube mit dem Stichwort «Hans Haessig» zu sehen.