«Strahlende Gesichter und frenetischer Applaus» in der Mühle Otelfingen

ALMA Open Air Mühle Otelfingen (c) Patrice Gilly

Die Mühle Otelfingen ist heute als kultureller Veranstaltungsort im Zürcher Unterland nicht mehr wegzudenken. Bereits seit mehr als 400 Jahren ist sie Teil des geschützten Dorfkerns der gleichnamigen Ortschaft. Heute locken die verschiedensten Anlässe ein buntes Publikum an: Aufführungen, Lesungen und Konzerte, bis hin zu privaten Anlässen wie Hochzeiten. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, was hinter der Bühne geschieht, war StaZU Kultur im Austausch mit Patrice Gilly, der künstlerischen Leitung der Mühle Otelfingen.

 

 

StaZU Kultur: Sie sind Leiter des Kulturprogramms der Mühle Otelfingen. Wie kann man sich Ihre Tätigkeit vorstellen?

Patrice Gilly: Ich hole kurz aus: 2001 wurde die Stiftung Mühle Otelfingen gegründet. 2003 haben Barbara Schlatter und ich mit Veranstaltungen angefangen. Damals hatten wir 2 Sparten – Classics und no Classics. Vor 3 Jahren haben wir den Kreis der Veranstaltenden vergrössert und decken seither auch mehrere Sparten ab. Von klassischer Kammermusik über Jazz, Blues, Volksmusik, Singer-Songwriter, Musikkabarett, Kids, Spoken Word, Theater bis zum Kulturstammtisch. Wir sind unterdessen ein Kreis von 7 Personen, die programmieren, und ich habe die künstlerische Leitung inne. Dazu kommen interne Koordination, Pressearbeit, Werbung auf Social Media und Netzwerkarbeit. Unterdessen sind wir mit allen Helfenden (Bar, Tickets, Technik) ein Team von ca. 40 Personen, die alle ehrenamtlich arbeiten.

 

Was sind Aufgaben, die man nicht unbedingt vermuten würde?

Ich stecke seit 20 Jahren so sehr drin, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, was man nicht vermuten würde. Jedenfalls höre ich sehr viel Musik, gehe viel an kulturelle Veranstaltungen, baue immer weiter an meinem Netzwerk, und das beinahe Tag und Nacht. Und das Ganze macht mir auch noch Spass!

 

Welche Ihrer Aufgaben bereiten Ihnen am meisten Freude? Wieso?

Es ist klar das Planen und Veranstalten, was mir Freude macht. Der Kontakt zu den Künstlern und Künstlerinnen, der Empfang in der Mühle, ein volles Haus, strahlende Gesichter, frenetischer Applaus. Ich war 20 Jahre als professioneller Schauspieler tätig – ich habe davon gelebt – und liebe es Leute zusammenzubringen und durch Musik, Ton, Bild und Sprache Geschichten zu erleben, die auf andere Menschen überspringen und Gefühle auslösen.

 

Nach welchen Kriterien suchen Sie die Veranstaltungen aus, die in der Mühle Otelfingen stattfinden?

Die Veranstaltenden müssen die Gruppen live gesehen haben. Sie müssen ihnen gefallen und speziell für das Umfeld der Mühle geeignet sein. Damit meine ich die wunderbare Akustik im Mahlraum, das historische Ambiente und das vielfältige Publikum.

 

Wie lange im Voraus wird die Planung der Veranstaltungen vorgenommen?

Wir planen lange im Voraus. Die Saison 22/23 ist bereits geplant, Verträge unterschrieben, Bilder und Texte müssen jetzt schon zum Grafiker. Das Ziel ist, beim Open Air im Juni dem Publikum bereits die kommende Saison schmackhaft machen zu machen. Übrigens, eine Saison geht bei uns von Oktober bis Juni, im Sommer bis nach den Herbstferien ist Pause.

 

Das Tri i DVE Ensemble in der Mühle Otelfingen. (c) David Bühler
Das Ensemble TRI i DVE begeistert das Publikum in der Mühle Otelfingen. (© David Bühler)

 

Als Sohn von Jürg Gilly haben Sie bestimmt eine ganz persönliche Bindung zur Mühle Otelfingen. Wie sieht diese aus?

Ich habe insgesamt nur 4 Jahre dort gelebt. Dann kamen die Wanderjahre und das Berufsleben. Damals als Jugendlicher war mir mehr nach Ausgang zumute und mit Gleichgesinnten Feste feiern. Oft musste ich jedoch in der Mühle Hand anlegen, da mein Vater zwei linke Hände hatte. Viel später habe ich bemerkt, dass sich eine starke Bindung zur Mühle, zum Dorf und zum Furttal gebildet hatte. Dieses Juwel muss für die Allgemeinheit auch offen sein, wurde meine Devise.

 

Was ist für Sie ein besonderes Erlebnis mit der Mühle Otelfingen? Wieso genau dieses Erlebnis?

Ich war der Erste, der dort eingezogen ist, gleich nach dem Umbau. Das war 1969. Alleine in diesem riesigen Gemäuer habe ich die erste Nacht erlebt. Das war ein nie dagewesenes Erlebnis: Gerüche, Geräusche, Einbildungen, Dunkelheit, Spiel mit der Angst. Und ich habe als 16-jähriger meine erste Nacht in diesem historischen Gemäuer ganz alleine überlebt – ich war echt stolz!

 

Was für Pläne haben Sie für die nahe Zukunft für diese spezielle Kulturstätte?

Die Mühle, aber auch die nähere Umgebung, der Dorfkern von Otelfingen sollte nicht nur erhalten bleiben, sondern auch mit Leben gefüllt werden. Das ist keine leichte Aufgabe. Aber wir müssen es schaffen, dass die Idee «Kultur und Begegnung» weiter lebendig bleibt. Wichtig wird sein, dass junge Leute sich mit diesem Kulturort identifizieren können. Es muss ein Generationenwechsel stattfinden.

 

Standort Zürcher Unterland dankt Patrice Gilly für den Einblick in das Geschehen rund um die Mühle Otelfingen. 

 

Veranstaltungen demnächst in der Mühle Otelfingen:

Samstag, 25.6.22, 20.00 Uhr

Cheibe Balagan

Die Zürcher Band hat ihre mitreissende Klezmermusik bereits an zahlreichen Orten zum Besten gegeben und beehrt nun das Zürcher Unterland mit seinen klangvollen Rhythmen.