
Es klingelt an der Tür. Die Post bittet um eine Unterschrift und überreicht ein Paket. Damit ist der Auftrag von Cargocare abgeschlossen. Im Firmennamen steckt das Leistungsversprechen des Unternehmens: «We care for your cargo». Cargocare spediert seit 35 Jahren Güter rund um den Erdball und bietet vielfältige Logistik-Services. Firmeninhaber und CEO Marco Burri fasst das Versprechen «We care» sehr weit: Cargocare will einen Top-Service für Kundinnen und Kunden erbringen, sich aber auch um gesellschaftliche Belange kümmern. Marco Burri macht kein Aufheben um das Engagement seines Unternehmens, aber natürlich freut ihn, dass Cargocare zu den Finalisten für den Zürcher Arbeitgeber-Award gehört. «Unser wichtigster Partner in Eingliederungsfragen ist die Stiftung Wisli in Bülach», sagt Burri. Bei einem Besuch vor einigen Jahren lernte er die Stiftung und ihre Abteilung für Arbeitsintegration kennen. «Ich traf viele Betroffene – Erwachsene und Jugendliche –, die zeigen wollten, was sie leisten können. Ihre Geschichten gingen mir sehr ans Herz», erzählt Burri. Viel Überzeugungsarbeit musste die Stiftung nicht mehr leisten, um Cargocare mit ins Boot zu holen. «Unserem Betrieb ging es gut, es kamen immer mehr Aufträge rein, und wir brauchten zusätzliche Ressourcen im Bürobereich. Es war für mich selbstverständlich, dass Cargocare in dieser Situation die Stiftung bei der Arbeitsintegration unterstützt.»
Unterstützung von allen Seiten
Seither arbeitet Cargocare regelmässig mit der IV-Integrationspartnerin zusammen. Das Speditionsunternehmen ist Partnerin für Arbeitsversuche, wenn es darum geht, dass jemand wieder erste praktische Erfahrungen im ersten Arbeitsmarkt machen kann. Marco Burri schätzt sehr, dass ihm die Stiftung sämtliche administrativen Arbeiten abnimmt und alle Fragen mit der IV-Stelle klärt. Cargocare übernimmt die Einarbeitung, Begleitung und Betreuung am Arbeitsplatz. Wo im Unternehmen eine Person eingesetzt wird, ist von den Kenntnissen abhängig, die jemand mitbringt. Marco Burri scheut sich aber auch nicht, Personen ohne Ausbildung eine Chance zu geben. Was immer gegeben sein muss, und da macht der Unternehmer wirklich keine Ausnahme, das ist der Wille. Er staune immer wieder, was dann möglich sei. Dank des IV-Arbeitsversuchs geht er kein Risiko ein, und es fallen keine Lohnkosten an. Über diesen Weg ist es letztes Jahr zu einer Festanstellung gekommen. Cargocare und die Mitarbeiterin konnten sich während sechs Monaten unkompliziert kennenlernen. Der Arbeitsversuch war erfolgreich, und die Frau erhielt am Ende eine unbefristete Anstellung in der Administration des Speditionsunternehmens. «Ich schätze besonders den geregelten Tagesablauf. Ich werde wieder gebraucht, das gibt mir Zuversicht für meine Zukunft», erzählt die Mitarbeiterin. Ihre Erfolgsgeschichte ist kein Einzelfall bei Cargocare, weil das Engagement für die Arbeitsintegration Teil der Personalpolitik von Marco Burri ist. Nur ein Jahr später wird der nächste Arbeitsversuch mit einer Festanstellung abgeschlossen. «Natürlich verlaufen nicht alle Einsätze erfolgreich», berichtet Burri von seinen Erfahrungen. Das müsse man in Kauf nehmen, wenn man Chancen geben möchte. Das Risiko geht er ein, weil er weiss, dass er jederzeit Unterstützung bekommt von der IV-Integrationspartnerin.
Ein bewusster Entscheid
Marco Burri macht sich auf den Weg in das Warenlager. Zielsicher geht er durch die langen, hellen Gänge. So, wie diese in alle Richtungen zeigen, ähneln sie fast schon einem Labyrinth. Nicht für Burri. Er kennt sich hier bestens aus, denn er hat schon die Lehre im Betrieb gemacht. «Ich kenne das Unternehmen in- und auswendig und konnte gut einschätzen, was möglich ist, als Cargocare als Partnerin für die berufliche Eingliederung angefragt wurde. Es war ein bewusster Entscheid, mich für Menschen mit Handicap zu engagieren.» Marco Burri bleibt kurz stehen und zeigt auf eine mit Fotos geschmückte Wand. Lachende Gesichter, viel Händeschütteln und ein paar Gebäudeeinweihungen. Es ist die Ahnengalerie der Cargocare. «Hier halten wir die wichtigsten Events der letzten 35 Jahre – und auch zukünftige fest.» Früher sei es hier allerdings viel lauter zu und her gegangen, lacht Burri. Mittlerweile sei es auch in seiner Branche entspannter geworden. Das seien gute Bedingungen für die berufliche Eingliederung.
«Lehrstellen sind mir besonders wichtig»
Im Lager angekommen zeigt sich ein eindrückliches Bild. Ein Meer von Paketen, Textilien und Maschinen erstreckt sich über die ganze Halle. Eine Mitarbeiterin mit Fensterplatz packt gerade Turnschuhe um. Ein anderer Mitarbeiter etikettiert Kleidungsstücke. «Wir arbeiten mit Produkten, mit denen sich jeder identifizieren kann. Das macht die Arbeit für uns alle interessant», erklärt Burri. Eine enorme Menge an Produkten wie diese verlange nach einer zuverlässigen Planung und Kontrolle. Da komme die interne Logistik ins Spiel. Auch in diesem Team konnte schon jemand eingegliedert werden – ein Lernender. Das freute Marco Burri besonders, denn Burri ist sich bewusst: klappt der Einstieg ins Berufsleben nicht, steigt das Risiko, dass jemand später auf eine IV-Rente angewiesen ist. «Mit 16 Jahren hat man auch ohne Handicap viele Themen, die beschäftigen. Wenn zu den persönlichen Problemen noch berufliche dazukommen, wird es schwierig.» Cargocare ist deshalb seit dem Jahr 2020 auch Partnerin im Bereich der Erstausbildung. Das Unternehmen hat zwei Ausbildungsplätze für Lernende der Stiftung Wisli geschaffen und bildet Logistiker und neu auch Systemtechniker aus. Wie sich das Integrations-Engagement für Arbeitgeber auszahle, auf diese Frage geht Marco Burri nicht ein, weil sie sich für ihn nicht stellt. Das sei die falsche Haltung. Arbeitsintegration müsse ein persönliches Anliegen sein.
Vielfältigkeit der Beiträge beeindruckte die Jury
Die Jury hatte sich schlussendlich für die Ecolite AG entschieden, eine auf hinterlüftete Fassadentechnik spezialisierte Firma in Wolfhausen. Besonders beeindruckt habe die Jury, wie die ursprüngliche This-Priis-Idee – Stellen schaffen für Menschen mit Handicap – umgesetzt werde. Samuel Bregenzer, CEO und Inhaber der Ecolite AG hatte nicht erwartet zu gewinnen. Es war ein bewegender Moment für den Unternehmer. Die Video-Porträts der anderen Finalisten hätten ihn sehr beeindruckt, und er hoffe, dass alle Beispiele die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdienen.
Quelle: SVA Zürich