Zürcher Wunderland: Interview mit Mathias Reiter

Mathias Reiter Interview Zürcher Wunderland

Mathias Reiter ist mit seinen Stücken «Michael Kohlhaas» und «Ich Robert Johnson» bekannt geworden. Standort Zürcher Unterland (StaZU) nahm sein neues Projekt im «Höflikeller» in Regensdorf zum Anlass zum Interview.

Angaben zur Person
Alter 46
Verheiratet, 2 Kinder
Wohnort Regensdorf (seit 2015)

 

StaZU: Herr Reiter, Sie sind in Österreich aufgewachsen und haben in Graz bis 1994 Architektur studiert. Was hat Sie bewogen, danach eine Schauspielausbildung anzupacken?

Ganz einfach, ich wollte mehr spielen und weniger bauen. Weshalb ich das Studium auch gar nicht abgeschlossen, sondern abgebrochen habe. Oft kommt hier die Frage, ob ich diesen Schritt jemals bereut habe. Nein.

Gibt es aus Ihrer Sicht etwas Verbindendes zwischen Ihrer ersten Ausbildung und dem heutigen Beruf?

Ja, auf jeden Fall. In beiden Berufen geht es unter anderem darum, Welten zu kreieren. Raum zu schaffen, Begegnungen möglich zu machen. Die Architektur feiert die Form und das Theater den Augenblick. Beides ist ja nötig, um Raum erleben zu können. Und beides kommt in beiden Berufen vor.

Sie standen zuerst in Ihrem Herkunftsland, dann 17 Jahre auf deutschen und seit 2015 auf Schweizer Bühnen und kennen damit alle deutschsprachigen Länder. Gibt es Unterschiede beim Publikum? 

Nein. Ja, doch (schmunzelt). Ich kann ja nur etwas über die Gruppendynamik sagen, denn die Menschen … es gibt überall solche und solche. Aber die Stimmung, die das Kollektiv hervorbringt, wofür der/die Einzelne ja gar nicht so viel kann, ist schon anders. So wird in der Schweiz ein grösserer Unterschied gemacht zwischen der öffentlichen und der privaten Person. 

Das Lustige ist, dass, wenn das Saallicht ausgeht, die Schweizer wieder «privater», also persönlicher werden als die Leute in Deutschland. Dafür, wenn das Saallicht wieder angeht, bleiben die Leute in Deutschland persönlicher, während das Publikum in der Schweiz wieder seine «öffentlichen Aufgaben» annimmt. Das hat mich überrascht. Das sind natürlich gewagte Hypothesen, das ist mir schon klar, macht aber Spass.

In der Schweiz stehen Sie auf kleineren Bühnen als seinerzeit in Deutschland. Wie unterscheidet sich das? Wo sehen Sie die Vor-, wo die Nachteile?

Die gibt es nicht. Es gibt nur andere Möglichkeiten. Wie willst du in einem kleinen Raum einen Gang machen, der 30 Sekunden lang dauert, oder einen Sprechchor mit 30 Leuten an die Rampe stellen? Also ganz einfach, die Mittel. Und anders herum kann ich aus der 20. Reihe niemals das Gleiche erleben, wie wenn ich gemeinsam mit den Darstellern und dem Publikum in einem Zimmer bin. Die physische Auswirkung alleine ist ja schon ganz anders. 

Sie sind neben der Schauspielerei auch als Autor und Regisseur tätig. Ist das für Sie eine logische Weiterentwicklung oder eher Zufall?

Eine Entscheidung. Aber sicher eine, die sich aus dem Weg heraus angeboten hat. Als Junger war ich ja so mit mir und dem Bewältigen der Rollen und Stücke und Aufgaben beschäftigt, dass ich gar keinen inneren Raum zu etwas anderem hatte. Das ist jetzt anders. Es ändern sich ja die Prioritäten, das ist klar, und somit auch der Horizont.

Es wird oft erwähnt, dass Sie seit Ihrem Umzug in die Schweiz «Hausmann» sind und Ihnen das die Freiräume zur Kreativität gibt … 

Das hat auf jeden Fall viel verändert. Das Hausmann-Sein, die Kinder, überhaupt das intensive Familienleben inspirieren mich sehr. Nicht direkt durch Inhalte oder Vorgänge, sondern dadurch, dass es mich anhält zum Authentisch-Sein, zum Durchgehen statt Weglaufen, zum Verbinden statt zum Urteilen. Das alles kann natürlich auch schnell überfordern, aber darin liegt auf jeden Fall ganz viel, viel Leben und somit auch viel Ur-Sache für Kreativität.

Welches Projekt steht für Sie im Moment im Vordergrund?

Die Familie. «Zürcher Wunderland». Die Natur, ich finde, wir sollten alle mehr draussen sein. Ich habe Lust, draussen Raum für Begegnung anzubieten. Im Wald, zusammen sein, eine gute Zeit haben miteinander, Theater spielen, Märchen, «Das Dschungelbuch», «Robin Hood», was weiss ich … mal sehen. Wie sagen die Österreicher: Schauma mal, dann wer ma schon sehen!

Jetzt freue ich mich erst einmal auf die «Wunderland»-Premiere. Allein schon deshalb, weil bei der Entstehung des Wunderlandes so viele Leute eine so gute Arbeit machen!!! Ich hoffe, wir sehen uns dort.

Das werden wir. Herzlichen Dank für die Beantwortung unserer Fragen und viel Erfolg für «Zürcher Wunderland»!